Zeitlose Schönheiten
Januar 24, 2018
Alles fing im Jahr 1980 an, als Joëlle Chariau und ihr Bekannter Andreas Bartsch eine Galerie für Cartoons und Karikaturen in München eröffneten. Die zierliche Dame mit dem klassischen Pagenkopf hatte in den 1970ern für den Kunstraum gearbeitet, der eine Art Mittelpunkt der minimalistischen und konzeptionellen Kunst jener Zeit war. „Zum ersten Mal hatte ich Kontakt zu Künstlern und zu meiner Überraschung konnte ich mit ihnen sprechen.“, erzählt sie. „Es war so, als sei ich in der Lage, eine Sprache zu sprechen, die ich nie gelernt hatte.“ Andreas Bartsch, ein Freund Chariaus, hatte für eine seit kurzem geschlossene Galerie gearbeitet und die beiden kamen auf die Idee gemeinsam einen eigenen Ort der Kunst zu eröffnen. Der Schwerpunkt sollte auf Künstlern wie Sempé oder den Karikaturisten des New Yorkers wie Peter Arno oder Chas Addams liegen. Eines Tages blätterte Joëlle in einer alten Zeitschrift aus den Fünfzigerjahren und stieß auf eine Modeillustration von René Gruau. Ein neues Spektrum der Kunst war entdeckt.
Sie fing an, sich mit der Thematik der Modegrafiken auseinanderzusetzen.
Als sie Gruau 1982 kontaktierte, konnte er erst gar nicht verstehen, warum die Kunstliebhaberin sich für seine Modezeichnungen interessierte. Denn anders als zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als die großen Modezeichner alle noch einen klassischen Hintergrund hatten und Galerien ihre Kunstwerke präsentierten, löste die Fotografie irgendwann die Grafik als Modemedium ab. Vor allem an den Originalen schien kein Interesse mehr zu bestehen. Doch nun kam plötzlich eine Wahl-Münchnerin und forderte Gruau auf, in seinen Wohnungen nach alten Zeichnungen zu stöbern, die er im Laufe seiner Karriere als Werbegrafiker und Modeillustrator seit den 1930ern erschaffen hatte.
Sie fing an, sich mit der Thematik der Modegrafiken auseinanderzusetzen.
„Ich war wirklich verblüfft, wie viele dieser Arbeiten ich kannte – aus meiner Kindheit, aus den Zeitschriften meiner Mutter“ erzählt Madame Chariau.
Modegrafik von Franziska Ribbeck |
Ein Künstler, der es ihr dabei besonders angetan hat, ist der Schwede Mats Gustafson. Durchscheinend und schemenhaft wirken die von ihm dargestellten Kleidungsstücke auf den ersten Blick. Dennoch vermitteln die Bilder so etwas wie die Essenz der modischen Entwürfe. „Wenn sie das gesehen haben, das vergessen sie nicht. Das ist das Abstraktionspotenzial der Zeichnung.“, schwärmt Joëlle Chariau.
Ganz aktuell im Buchhandel erschienen ist Dior by Mats Gustafson. Ein Bildband zum 70. Jubiläum des Modehauses, das den Künstler 2012 gebeten hatte, die Entwürfe, des damals frisch eingesetzten Kreativdirektors Raf Simons für ein Dior-Magazin in Szene zu setzen. Aus dem Projekt wurde eine langjährige Zusammenarbeit und daher changieren alle Dior-Kollektionen seit der Frühlingssaison 2013 in Mats Gustafsons weichen, pudrigen Aquarellfarben. Einige seiner Werke findet man auch in dem Bildband Drawing Fashion, den Madame Chariau 2013 herausgegeben hat. Darin kann man Arbeiten der bedeutendsten Modezeichner der letzten hundert Jahre bewundern, welche beweisen, dass gute Modeillustrationen immer mehr gezeigt haben als nur Kleider. Sie geben nicht nur die spezifische Handschrift der Modeschöpfer wieder, durch ihre zeitgemäße Art der Illustration fangen sie auch das Lebensgefühl der jeweiligen Epoche ein.
Seit vier Jahren arbeitet die Münchner Galeristin auch mit Aurore de La Morinerie zusammen. Sie ist die einzige Vertreterin der jüngeren Generation von Modezeichnern und die einzige weibliche Künstlerin in Drawing Fashion. Ihre Entdeckung war ein Zufall, wie Madama Chariau erzählt. „Sie hatte der Galerie geschrieben. Doch heutzutage erhalten Galerien so viele E-Mails von Künstlern aus der ganzen Welt, dass es nicht einmal möglich ist, sie alle zu lesen. Ich verwechselte ihren Namen mit de La Morinière, der mir vertraut war, und öffnete daher ihre E-Mail. Sie hatte zwei ihrer Zeichnungen beigefügt, die ich interessant fand. Als ich das nächste Mal nach Paris fuhr, besuchte ich sie in ihrem Atelier, und seither arbeiten wir zusammen.“ Laut der Kunstliebhaberin Holly Brubach haben Aurores Bilder einen sehr hohen Wiedererkennungswert. Sehr treffend formuliert sie in Drawing Fashion: „Die von Morinerie dargestellten Frauen haben etwas Geisterhaftes, ihre Silhouetten sind unscharf, als sei ihre Haut eine durchlässige Grenze zwischen ihnen und der Welt, als sei ihr Selbstbild mehrdeutiger als das Bild, das sich die Männer von ihnen machen.“
„Mode-Zeichnungen sind heute noch relevant, aber auf eine andere Art und Weise.“ bemerkt auch Chariau. „Sie sind freier geworden, abstrakter, experimenteller, auf das Wesen eines Kleidungsstückes und auf den Geist eines Stils konzentriert."
Eine neue Art der Modeillustration findet man bei der Australierin Megan Hess. Die ausgebildete Grafikdesignerin zeichnet mit ihrem personalisierten MontBlanc Füller, genannt Monty, modebegeisterte Frauen in ausladenden Roben. Inzwischen hat die Künstlerin vier Bildband-Bestseller veröffentlicht und mit ihrer Zeichenkunst eine riesige Fangemeinde erreicht. Auch durch die Münchnerin Jasmin Khezri und ihre zur Kultfigur gewordene Irma, die als Modemedium vor allem das World Wide Web nutzt und einen eigenen Fashion Blog führt, werden mittlerweile neue Wege der Verbreitung genutzt.
Die Kunst der Modeillustration lebt also fort und findet auch weiterhin Bewunderer. Damals wie heute zeigt sie in kleinen, liebevoll illustrierten Kunstwerken, den aktuellen Zeitgeist mit all seinen Facetten.
Dior by Mats Gustafson gibt es z.B. hier |
„All diese Künstler sind berühmt geworden, weil sie nicht nur die Mode interpretieren, illustrieren konnten, sondern durch ihre Fähigkeit, Bilder des Begehrens zu erschaffen.“, so Chariau.
„Mode-Zeichnungen sind heute noch relevant, aber auf eine andere Art und Weise.“ bemerkt auch Chariau. „Sie sind freier geworden, abstrakter, experimenteller, auf das Wesen eines Kleidungsstückes und auf den Geist eines Stils konzentriert."
Eine neue Art der Modeillustration findet man bei der Australierin Megan Hess. Die ausgebildete Grafikdesignerin zeichnet mit ihrem personalisierten MontBlanc Füller, genannt Monty, modebegeisterte Frauen in ausladenden Roben. Inzwischen hat die Künstlerin vier Bildband-Bestseller veröffentlicht und mit ihrer Zeichenkunst eine riesige Fangemeinde erreicht. Auch durch die Münchnerin Jasmin Khezri und ihre zur Kultfigur gewordene Irma, die als Modemedium vor allem das World Wide Web nutzt und einen eigenen Fashion Blog führt, werden mittlerweile neue Wege der Verbreitung genutzt.
Die Kunst der Modeillustration lebt also fort und findet auch weiterhin Bewunderer. Damals wie heute zeigt sie in kleinen, liebevoll illustrierten Kunstwerken, den aktuellen Zeitgeist mit all seinen Facetten.
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